5 Schritte, sich gegen Mobbing durch den/die Chef:in zu wehren
Die Führungskraft schüttet Sie mit Arbeit zu, die Sie unmöglich bis zur Deadline schaffen können. Wichtige Informationen für Ihre Aufgaben enthält er oder sie Ihnen vor. Regelmäßig reißt der Chef Witze unterhalb der Gürtellinie. Die Vorgesetzte kritisiert permanent penibel jeden Ihrer Arbeitsschritte und nutzt jede Gelegenheit, um Ihnen Fehler vor versammelter Mannschaft unter die Nase zu reiben. Hinter einem solchen Verhalten könnte sich ein Dark Leader verbergen. Richtet sich das Verhalten von Seiten der Führung jedoch über einen längeren Zeitraum ausschließlich gegen eine Person, liegt der Gedanke Bossing nahe. Darunter versteht man Mobbing am Arbeitsplatz, das vom Chef oder von der Chefin ausgeht.
Stehen Sie auf der persönlichen Mobbingliste der Führungskraft, kann der Arbeitsalltag zur Hölle werden. Da hilft auch der Gedanke nicht, dass Führungskräfte, die Bossing betreiben, meist unter einem geringen Selbstwertgefühl leiden. Machtspiele der Chefetage sind diffizil und subtil, für die Opfer noch schwieriger zu händeln als Mobbing durch Kollegen und Kolleginnen. Durch die Hierarchiestufen sind die Machtverhältnisse unausgeglichen, so dass die Angst groß ist, sich dagegen zu wehren, ohne arbeitsplatzbezogene Konsequenzen befürchten zu müssen. Nichtsdestotrotz geht Bossing mit der Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers einher.
Was steckt hinter Bossing?
Nicht hinter jeder Entmutigung oder Ausgrenzung am Arbeitsplatz von Seiten des oder der Vorgesetzten steckt gleich Bossing. Wie beim Mobbing auch, müssen Einschüchterungen, Verletzungen, Bloßstellungen, Ignoranz und Co. wiederkehrend und systematisch über einen längeren Zeitraum erfolgen, um in das Raster zu fallen. Wenn der/die Chef:in mobbt, passiert das häufig willkürlich. Es hat in der Regel nicht viel mit den erbrachten Leistungen zu tun. Häufig steckt einfach eine Antipathie dahinter. Das Ziel: den oder die Mitarbeitende:n aus dem Unternehmen vergraulen, weil er oder sie schwer kündbar ist.
Bossing: Diese Anzeichen können auftreten
Die Anzeichen von Bossing sind vielfältig und in der Summe kaum zu erfassen. Wichtig: Es handelt sich dabei nicht um grundsätzliche Eigenschaften einer Führungskraft, sondern um die konkrete Andersbehandlung einzelner Mitarbeiter:innen. Häufig zu beobachten sind:
- unrealistische Zeitvorgaben, um den/die Mitarbeiter:in zu überfordern
- Herabstufung der Tätigkeiten, um den/die Mitarbeiter:in zu unterfordern
- autoritäres Verhalten der Führungskraft mit lautem Tonfall und persönlichen Beleidigungen
- Vorenthalten wichtiger Informationen für die Tätigkeit des Opfers
- Ignorieren und Ausgrenzen des/der Mitarbeitenden
- Überwachen der Arbeitsschritte und genaue Analyse der Ergebnisse, um das Opfer zu verunsichern und so die Fehlerquote zu erhöhen
- schlechte Beurteilung und permanente Kritik trotz guter Leistung
- Verbreiten von Gerüchten, Unterstellungen und Lügen, um den Ruf des Opfers zu verschlechtern
- Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, etwa Abmahnung oder Kündigung
- Üben unsachlicher Kritik
- unangebrachte Sprüche oder Witze unterhalb der Gürtellinie
- psychische oder physische Gewalt
Welche Folgen bringt Bossing mit sich?
Betroffene von Bossing geraten in einen Kreislauf auf Selbstzweifeln, Hilflosigkeit und Feindseligkeit. Wie bei Mobbing auch bleibt das nicht ohne Folgen. Die Motivation sinkt. Der Druck wirkt sich auf die Produktivität und Leistung aus. Doch auch die Gesundheit, vor allem die Psyche, leidet darunter. So klagen Opfer häufig über psychosomatische Störungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Schlafstörungen. Der Gedanke, zu kündigen und damit dem/der Vorgesetzten in die Hände zu spielen, liegt nahe. Niemand kann sich diesen Machtspielen dauerhaft zur Wehr setzen.
Opfer von Bossing: Und nun?
Deutet alles darauf hin, dass Ihr:e Chef:in Sie auf der Bossingliste hat? Fühlen Sie sich zunehmend unwohl in seinem/ihrem Beisein? Dann sollten Sie sich die nächsten Schritte gut überlegen.
- Mit dem/der Vorgesetzten sprechen
Zunächst sollten Sie das direkte Gespräch mit dem/der Vorgesetzten suchen. Womöglich liegt nur ein Missverständnis vor, das Sie durch gezielte Kommunikation schnell ausräumen können. Gehen Sie im Gespräch nicht in eine Vorwurfshaltung, sondern schildern Sie Ihre Eindrücke in Form von Ich-Botschaften, z.B. “Ich habe den Eindruck, dass Sie mir aus dem Weg gehen”. “Ich fühle mich ausgegrenzt.” “Mir kommt es so vor, dass Sie mit meiner Arbeit nicht zufrieden sind.” Ein solches Mitarbeitergespräch kann bereits deeskalierend wirken. - Bossingtagebuch führen
Wie auch bei Mobbing ist es wichtig, dass Sie das Ausmaß des Bossings dokumentieren. Wann sind welche Vorfälle aufgetreten? Was hat der/die Chef:in gesagt oder getan? Welche Zeugen waren dabei? Es ist wichtig, dass Sie so viele Beweise wie möglich sammeln, falls Sie am Ende weitere Schritte einleiten müssen. - Betriebsrat einschalten
Lehnt Ihr:e Chef:in ein klärendes Gespräch,wie unter Punkt 1 genannt, ab oder ändert es nichts an der Situation, sollten Sie sich an den Betriebs- oder Personalrat im Unternehmen wenden und um Unterstützung bitten. Das Betriebsverfassungsgesetz erlaubt es, bei Mobbing Beschwerde bei diesem Organ einzureichen. Gibt es keinen Betriebs- oder Personalrat, sollten Sie den/die Vorgesetzte:n Ihres Chefs oder Ihrer Chefin mit ins Boot holen. - Unterstützung suchen
Wer längere Zeit Bossing ausgesetzt ist und nur noch mit einem Grummeln im Bauch zu Arbeit geht, der sollte sich professionelle Hilfe suchen. Hier können Beratungsstellen eine erste Anlaufstelle sein. Auch ein Therapeut kann hinzugezogen werden, um bei der Verarbeitung der psychischen Belastung zu helfen. Rechtsberatung kann ebenfalls sinnvoll sein. Sollten Sie rechtliche Schritte einleiten, liegt die Beweislast jedoch beim Opfer: Sie brauchen also ausreichend Beweise, etwa in Form des Bossingtagebuchs, oder Zeugen, E-Mails und Fotos. Sonst steht Aussage gegen Aussage - Jobwechsel in Betracht ziehen
Der Gedanke liegt bei Mobbing-Opfern häufig nahe: einen neuen Job suchen und kündigen. Zugleich ist dieser Schritt genau das, was der/die mobbende Chef:in beabsichtigt: dass Sie freiwillig gehen. Deshalb sollte dieser Schritt wirklich nur als letzter Ausweg gesehen werden. Bringen die vorherigen Schritte nichts, können Sie sich um eine interne Versetzung bewerben, ehe Sie diesen radikalen Schritt in Form einer Kündigung wählen.
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