Arbeitsplatzgestaltung: Weniger Arbeitsplätze als Mitarbeiter:innen beim Hot Desking
Bye bye, fester Arbeitsplatz! In immer mehr Unternehmen zieht in die Büros das Desk Sharing ein – eine etwas andere Organisationsform der Arbeitsplatzgestaltung, die bislang vor allem von den Tech-Riesen in Silicon Valley genutzt wurde. Was Konzerne wie Google und Facebook lange Jahre vorlebten, wird seit der Corona-Pandemie von vielen anderen nachgeahmt. Seither praktizieren immer mehr Unternehmen flexibleres Arbeiten. Home-Office ist für viele zur Routine geworden. Hybride Teams gehören zur Tagesordnung, so dass Desk Sharing, auch Hot Desking genannt, überhaupt erst zur Option geworden ist.
Was ist Desk Sharing?
Das Konzept des Desk Sharing ist ganz simpel: Im Büro stehen weniger Arbeitsplätze zur Verfügung als es Mitarbeiter:innen gibt. Der persönliche Schreibtisch fällt weg, die Arbeitsplätze werden geteilt. Angestellte wählen so jeden Tag aufs Neue ihren Arbeitsplatz im Büro – vorausgesetzt sie arbeiten von dort. Denn Desk Sharing beruht auf der Tatsache, dass ohnehin nicht immer alle Mitarbeiter:innen zeitgleich im Büro sind. Durch Urlaub, Krankheit, Außendienst oder die Arbeit im Home-Office bleiben manche Arbeitsplätze unbesetzt, die Büroflächen werden so nicht optimal genutzt.
Manche Unternehmen setzen beim Desk Sharing auf das Prinzip “Wer zuerst kommt, mahlt zuerst”. Wer also morgens etwas später anfängt, hat im Zweifel das Pech und bekommt keinen freien Schreibtisch mehr. Zurück ins Home-Office. Um diesen Stress und Druck den Mitarbeitenden zu ersparen, arbeiten Arbeitgeber jedoch häufig mit einem Buchungssystem: Die Angestellten können sich für Arbeitstag XY einen freien Schreibtisch buchen. Dieser steht im Buchungssystem anderen dann nicht mehr zur Verfügung. So umgeht man der Gefahr, dass Mitarbeiter:innen unnötig den Weg zum Unternehmensstandort auf sich nehmen.
Desk Sharing braucht Regeln
Desk Sharing fügt sich ins agile Arbeiten ein und wird New Work mehr und mehr prägen. Doch das Arbeitsplatzkonzept bedarf Regeln, an die sich alle halten müssen:
- Mit Mitarbeiter:innen reden
Ehe das Konzept Desk Sharing Einzug ins Unternehmen hält, sollten Arbeitgeber zunächst mit den Mitarbeiter:innen reden und deren Meinung dazu einholen. Auch der Betriebs- oder Personalrat sollte mit einbezogen werden. Unternehmen sollten die Vor- und Nachteile genau abwägen und sich überlegen, ob Desk Sharing für deren Arbeit überhaupt sinnvoll und machbar ist. Entscheidet man sich für Hot Desking, sollte eine Testphase gestartet werden, nach der das Konzept noch einmal gründlich bewertet wird. Erst dann sollte eine finale Entscheidung für oder gegen Desk Sharing gefällt werden. - Identische Ausstattung aller Arbeitsplätze
Um keinen Zwist zu verursachen, sollten alle Arbeitsplätze gleich ausgestattet sein: Docking Station für den Laptop, Bildschirm, Tastatur und die nötigen Kabel sollten überall vorhanden sein, so dass sich die Mitarbeitenden problemlos und schnell den Arbeitsplatz jeden Tag einrichten können. Aus Hygienegründen sollte jede:r Mitarbeiter:in ein eigenes Headset und eine eigene Maus haben, die beim Hot Desking jeden Tag mit umgezogen werden. - Clean Desk Policy
Fotos vom Hund auf dem Schreibtisch, selbstgemalte Bilder der Kinder an der Wand, ein kleiner Glücksbringer auf der Tischplatte: Desk Sharing geht zulasten dieser persönlichen Dinge. Am Arbeitsplatz dürfen keine persönlichen Gegenstände zurückgelassen werden. Der Schreibtisch ist nach jedem Arbeitstag zu räumen. - Sauberkeit ist das A und O
Zum Räumen gehört auch Sauberkeit dazu. Ein dunkler Rand von der Kaffeetasse? In der Tastatur noch ein paar Krümel von der Brezel, die man mal eben nebenbei gegessen hat? Wer den Arbeitsplatz mit anderen teilt, muss diesen sauber halten und so verlassen, wie er ihn selbst vorgefunden hat. - Privater Stauraum muss sein
Ein paar private oder persönliche Dinge hat jede:r am Arbeitsplatz. Sei es individuelles Büromaterial, Wechselklamotten oder doch ein Familienfoto. Hinzu kommt der Laptop, der nicht jeden Abend mit nach Hause genommen werden will. Für diese Dinge sollte jede:r Mitarbeiter:in Stauraum besitzen. Dafür bieten sich etwa Spinde an oder aber auch abschließbare Rollcontainer, die mit an den täglich wechselnden Arbeitsplatz geschoben werden können.
Vorteile von Desk Sharing
Unternehmen setzen immer mehr auf Desk Sharing, weil es Vorteile – sowohl als Arbeitgeber als auch am Arbeitnehmer:in – mit sich bringt:
- Effizientere Nutzung der Ressourcen
Wenn es weniger Schreibtische als Mitarbeitende gibt, werden diese nicht mehr so häufig leer stehen. So kann die Bürofläche effizienter genutzt werden. - Kostenersparnis
Werden weniger Arbeitsplätze benötigt, können Kosten eingespart werden. So ist weniger Bürofläche denkbar, womit geringere Mietkosten einhergehen. Auch Reinigungs- und Energiekosten können verringert werden, wenn sich die Anzahl der Schreibtischarbeitsplätze reduziert. - Gleichberechtigung
Sind alle Arbeitsplätze gleich ausgestattet und kann jede:r jeden Tag einen neuen wählen, kann hier kein Gefühl mehr aufkommen, bei der Ausstattung des Arbeitsplatzes zu kurz gekommen zu sein. Der schöne Fensterplatz mit Blick auf dem Park oder der direkt an der Heizung kann dann von jeder und jedem genutzt werden. - Abbau des Hierarchiedenkens
Gilt Desk Sharing für die Praktikantin gleichermaßen wie für die Managerin, muss sich der Teamleiter ebenso seinen Platz suchen wie der Werkstudent, baut dies das Hierarchiedenken innerhalb einer Organisation ab. Hier begegnen sich im Büro dann Menschen, die sich für gewöhnlich kein Zimmer teilen würden. - Förderung von Austausch
Und das wiederum fördert den Austausch zwischen Mitarbeitenden unterschiedlicher Abteilungen und Teams, die sich für gewöhnlich nicht direkt gegenüber sitzen. Die Mitarbeiter:innen knüpfen neue Kontakte, es kommt ein neuer Informationsfluss zustande und das Silodenken wird aufgelöst. Mehr Bewegung im Büro bedeutet zugleich auch mehr Kommunikation. - Förderung von Agilität, Flexibilität und Kreativität
Wechselnde Arbeitsplätze und Home-Office ermöglichen flexibles Arbeiten und eine agile Arbeitsweise. Als Teil des Employer Branding wirkt das vor allem auf junge Fachkräfte attraktiv. Dass Desk Sharing bislang vor allem in Start-ups zum Einsatz kam und von führenden Tech-Unternehmen geprägt wurde, kommt nicht von ungefähr: Durch die räumliche Bewegung kommt auch der Geist in Bewegung. Und das fördert die Kreativität.
Nachteile von Desk Sharing
Doch Desk Sharing bringt nicht nur Vorteile mit sich. Deshalb werfen wir auch einen Blick auf die Nachteile:
- Stressfaktor Arbeitsplatzsuche
Besteht kein Buchungssystem, um sich bereits im Vorfeld von zu Hause einen Arbeitsplatz zu sichern, kann die Arbeitsplatzsuche Stress bedeuten. Steht man morgens im Stau oder hat die Bahn Verspätung, dann kann es sein, dass man an diesem Tag leer ausgeht. - Abnehmende Loyalität
Wer keinen festen Arbeitsplatz im Büro hat, mag sich dort vielleicht nicht wohl fühlen. Mitarbeiter:innen können den Eindruck erwecken, dass sie vor Ort nicht mehr willkommen sind. Das macht sich bei der Mitarbeiterzufriedenheit und der Loyalität bemerkbar. - Sinkende Produktivität
Jeden Tag einen Arbeitsplatz suchen und diesen einrichten zu müssen, kostet Zeit: Bildschirm anschließen, Tasche auspacken, Stuhl richtig einstellen, Laptop verkabeln, hinterher wieder alles räumen und sauber hinterlassen. Die Arbeitsorganisation wird zeitintensiver. Das geht zulasten der Produktivität. - Überfordernder Austausch
Für manche:n mögen täglich wechselnde Kontakte und Gespräche mit Fremden eine Bereicherung sein. Für andere kann es jedoch auch zur Belastung werden. Gerade Introvertierte arbeiten gerne in ruhiger gewohnter Umgebung – und suchen den Austausch mit Fremden weniger. - Sinkendes Wir-Gefühl
Auch wenn durch Desk Sharing der Austausch mit abteilungsfremden Kolleginnen und Kollegen angeregt und das Silodenken aufgelöst wird, birgt dieses Modell die Gefahr, dass der Austausch und die Zusammenarbeit innerhalb des Teams und der Abteilung darunter leiden. Unter Umständen fallen kurze Wege weg, so dass Informationen schwerer zu beschaffen sind und die Kommunikation verkompliziert wird.
Ehe sich Unternehmen für Desk Sharing entscheiden, gilt es, die Fürs und Widers genau abzuwägen. Nicht alle, was in anderen Unternehmen gut läuft, muss für die eigene Belegschaft und die internen Arbeitsprozesse genauso geeignet sein. Deshalb ist eine Testphase sinnvoll, um im Anschluss eine fundierte Entscheidung treffen zu können.
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