Silodenken aufbrechen, Einblicke erhalten
Was klingt, wie ein Praktikum für die eigenen Mitarbeiter:innen, ist eine wertvolle Maßnahme in der Personalentwicklung: Job Rotation – Mitarbeiter:innen wechseln für eine bestimmte Zeit ihren Arbeitsplatz. Früher wurde die Methode häufig am Fließband eingesetzt, um einer einseitigen körperlichen Belastung entgegenzuwirken. Heute greifen knapp 15 % der deutschen Betriebe darauf zurück. Vor allem bei Mittelständlern ist Job Rotation beliebt: Es sorgt trotz fehlender Aufstiegsmöglichkeiten der Angestellten für Abwechslung im Arbeitsalltag und hat noch einen weiteren Vorteil: Die Abhängigkeit des Betriebs vom Know-how einzelner Mitarbeiter:innen wird verringert.
Was hat es mit Job Rotation auf sich?
Job Rotation wird in der Personalentwicklung eingesetzt, um Mitarbeitende mit verschiedenen Arbeitsbereichen vertraut zu machen. So tauschen Mitarbeiter:innen für eine bestimmte Zeit den Arbeitsplatz mit Kollegen und Kolleginnen. Der Wechsel kann innerhalb eines Teams, einer Abteilung oder des ganzen Unternehmens stattfinden. Wichtig ist, dass die Maßnahme systematisch erfolgt und vorbereitet wird. Es macht wenig Sinn, Mitarbeitende wahllos den Arbeitsplatz rotieren zu lassen. Eine Marketing-Fachkraft kann zum Beispiel nicht den Job eines Informatikers oder einer Informatikerin übernehmen – und umgekehrt.
Wie funktioniert Job Rotation?
Job Rotation erfordert eine genaue Planung, denn während des Rotierens soll keine Unruhe innerhalb des Unternehmens entstehen. Deshalb wechseln meist Mitarbeiter:innen mit gleichwertigen Jobs den Arbeitsplatz, weil so die Prozesse am ehesten am Laufen gehalten werden können. Der Wechsel zwischen gleichwertigen Arbeitsplätzen wird Job-Enlargement genannt und bietet sich für Unternehmensbereiche mit schwankender Auftragslage an. Ist die Auslastung in der eigenen Abteilung gering, können die Angestellten Abläufe in den anderen Abteilungen kennenlernen. Bei hoher Auslastung können Personallücken durch rotierende Mitarbeiter:innen gefüllt werden. Die erhöhte Einsatzflexibilität der Mitarbeitenden hat sowohl für den/die Mitarbeiter:in als auch für das Unternehmen Vorteile: Für den/die Angestellte:n verringert sich die Monotonie im Arbeitsalltag, für das Unternehmen verbessert sich die wirtschaftliche Auslastung.
Findet ein Wechsel zwischen höherwertigen Arbeitsplätzen statt, spricht man von Job-Enrichment. Dabei bekommen Angestellte Aufgaben mit höherem Anforderungsniveau zugeteilt. Diese Methode wird überwiegend angewandt, um angehende Führungskräfte nach und nach auf ihre neue Rolle vorzubereiten. Dabei lernen sie sukzessive, was es heißt, mehr Handlungs- und Entscheidungsspielraum sowie mehr Verantwortung zu übernehmen. Job-Enrichment kann jedoch nicht nur bei Führungskräften eingesetzt werden, sondern auch bei der Ausgestaltung einer Fachlaufbahn.
Vorteile von Job Rotation:
Mit der richtigen Organisation bringt Job Rotation in erster Linie Vorteile mit sich – und zwar sowohl für den Arbeitnehmer:innen als auch für den Arbeitgeber.
Für den/die Arbeitnehmer:in:
- Job Rotation sorgt für mehr Abwechslung im Arbeitsleben, so dass weniger Monotonie entsteht. Unter Monotonie können Arbeitnehmer:innen leiden. Denn Langeweile kann Stress verursachen: Boreout ist das Gegenteil von Burnout, kann aber ähnliche Symptome hervorrufen.
- Durch Job Rotation erwerben die Mitarbeiter:innen nicht nur zusätzliche Qualifikationen, sie entwickeln ein besseres Verständnis und eine höhere Wertschätzung für andere Fachbereiche und Arbeitszusammenhänge im Unternehmen.
- Dieser Blick über den Tellerrand ermöglicht mehr Weitsicht, so dass bei Entscheidungen auch die Belange anderer Abteilungen berücksichtigt werden, was im Interesse des Unternehmens ist.
Für den Arbeitgeber:
- Job Rotation ermöglicht einen flexibleren Einsatz der Mitarbeiter:innen – was dem Betrieb zum Beispiel in Produktionshochphasen zugute kommt.
- Zugleich sorgt die Weitergabe von Know-how zwischen den Mitarbeitenden dafür, dass das Unternehmen weniger abhängig von einer speziellen Fachkraft ist. Entstehen durch Krankheit oder das Ausscheiden eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin aus dem Unternehmen Personallücken, können diese leichter gefüllt werden.
- Der Wechsel des Arbeitsplatzes wirkt zudem Betriebsblindheit entgegen: Neue Mitarbeiter:innen bringen automatisch neue Ideen, Impulse und Verbesserungsvorschläge mit, was zu einer Verbesserung der Gesamtprozesse führen kann.
- Wer regelmäßig verschiedene Aufgaben wahrnehmen kann, geht diese motivierter an, als wenn er tagein tagaus mit den gleichen Aufgaben zu tun hat.
- Neue Tätigkeiten und Herausforderungen erfordern zudem mehr Konzentration, wodurch die Produktivität steigt.
Weitere Vorteile für Arbeitnehmer:innen und -geber:
Darüber hinaus ergeben sich durch Job Rotation noch weitere Vorteile: Neben dem internen Wissensfluss wird das Wir-Gefühl gestärkt, womit eine Verbesserung des Betriebsklimas einhergeht. Das Rotieren des Arbeitsplatzes löst ferner das Silodenken auf: Die Mitarbeiter:innen kennen die verschiedenen Bereiche des Unternehmens. Sie fühlen sich für jeden Bereich des Unternehmens verantwortlich und ziehen so verstärkt an einem Strang.
Nachteile von Job Rotation:
- Wird Job Rotation nicht gut vorbereitet, kann es während des Rotierens zu erheblichen Unruhen innerhalb des Unternehmens kommen.
- Ähnliches kann bei zu geringer oder zu hoher Rotationsrate vorkommen. Wird zu häufig der Arbeitsplatz gewechselt, fällt es Mitarbeitenden schwerer, Routine in ihren täglichen Aufgaben zu finden. Dadurch wird die Produktivität geschmälert. Ist die Rotationsrate zu gering, fehlt es in den anderen Bereichen an Routine, so dass Prozesse verlangsamt werden.
- Darüber hinaus sind nicht immer alle Mitarbeiter:innen offen für eine solche Maßnahme. Unter Umständen fehlt die Bereitschaft, den Arbeitsplatz zu wechseln, oder es entsteht Überforderung oder vermehrter Arbeitsaufwand bei einzelnen Mitarbeitenden.
- Ohne gute Planung geht also nichts. Doch die ist wiederum mit Aufwand verbunden – der sich jedoch auszahlt.
Tipp zur digitalen Umsetzung von Job Rotation:
Wenn die beiden Kollegen/Kolleginnen, die den Job miteinander tauschen wollen, nicht beide vor Ort im Unternehmen sind, raten wir tendenziell von dieser Form der Personalentwicklung ab. Für Job Rotation müssen die Wege kurz, der andere Kollegen oder die Kollegin ansprechbar sein, um Arbeitsprozesse bei Fragen oder Problemen nicht lahm zu legen. Das ist bei der Arbeit im Home-Office nicht ganz so leicht umsetzbar.
Haben die Kollegen/Kolleginnen allerdings schon Einblicke in die Arbeit des jeweils anderen bekommen, sich etwa schon einmal während der Urlaubszeit vertreten, und stehen beiden Parteien sämtliche Tools und Unterlagen für einen Arbeitsplatztausch auch fernab des Unternehmensstandortes zur Verfügung, lässt sich dieses Experiment durchaus wagen.
Du suchst nach einer passenden Weiterbildung zum Thema? Wir helfen dir gerne und übernehmen die Suche für dich. Nutze einfach den Link zu deinem Suchauftrag und klicke hier: