Fachkräftemangel: Wie Quereinsteiger:innen im Handwerk Fuß fassen
Im Leben noch mal etwas anderes machen. Statt Bürojob mit den Händen arbeiten und am Ende des Tages auch sehen, was man damit geschaffen hat: Nicht wenige Arbeitnehmer:innen stellen sich im Laufe ihrer Berufslaufbahn die Frage, ob sie nicht noch mal einen ganz anderen beruflichen Weg einschlagen sollen. Das Hobby zum Beruf zu machen, liegt vielen nahe. So kann sich der ein oder die andere Hobbybäcker:in vorstellen, in einer richtigen Bäckerei zu arbeiten. So manche:r Heimwerker:in träumt von davon, in einer Schreinerei oder in einem Elektrobetrieb zu arbeiten. Und der ein oder die andere, der/die sich gerne mit Haaren und Frisuren beschäftigt, liebäugelt vielleicht sogar mit einer Anstellung als Friseur: in. Ein Quereinstieg im Handwerk ist möglich und sogar willkommen.
Handwerk ist in Deutschland schließlich Mangelware und wird dringend gebraucht. Lange Wartezeiten auf Termine machen Kundinnen und Kunden unzufrieden. Währenddessen haben immer mehr Handwerksbetriebe mit Existenzproblemen zu kämpfen. Nicht etwa wegen mangelnder Auftragslage. Die Auftragsbücher sind voll. Doch es fehlt an Personal, das die Aufträge erledigt. In Stellenanzeigen wird deshalb häufig bereits direkt nach Quereinsteiger:innen gesucht. Doch wie gelingt ein Quereinstieg im Handwerk?
Warum sind Quereinsteiger:innen im Handwerk gefragt?
Neben der Pflege-Branche ist es vor allem das Handwerk, das Quereinsteiger:innen gezielt sucht. Zum einen herrscht Fachkräftemangel. Zum anderen aber zugleich auch Nachwuchsmangel. Schaut man sich die Inhaber:innen von Handwerksbetrieben an, sind diese häufig über 50 Jahre alt. Das stellt nicht nur die Betriebe selbst vor Herausforderungen und Existenzprobleme, sondern und alle: Schließlich braucht jede:r von uns hin und wieder eine:n Handwerker:in – und findet entweder keine:n oder muss lange Wartezeiten hinnehmen.
Manche Handwerksbetriebe bevorzugen sogar Quereinsteiger:innen. Sie erhoffen sich von ihnen ein anderes Know-how als von gelernten Fachkräften und einen Blick über den Tellerrand. Schließlich bringen die, die einen Quereinstieg wagen, Erfahrungen und Wissen aus anderen Bereichen mit – und diese lassen sich vielleicht auch anderweitig anwenden.
Welche Quereinsteiger:innen sind besonders beliebt?
Besonders einfach glückt ein Quereinstieg im Handwerk, wenn man aus einem anderen Handwerk kommt. Die Art zu arbeiten, Abläufe und Prozesse sind bekannt und zugleich bringen fachfremde Handwerker:innen neue Sichtweisen mit. Aber auch Menschen mit kreativen Berufen sind im Handwerk beliebt. Sie bringen meistens handwerkliches Geschick mit und gehen mit Materialien und Werkzeugen souverän um. Ein anderes Verständnis von Arbeitsorganisation, von dem auch das Handwerk profitieren kann, bringen Fachkräfte aus der Industrie mit. Und wer ebenfalls gern gesehen ist, sind Studienabbrecher:innen aus technischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen, die schon viel Theoriewissen und zugleich Entwicklungspotential mitbringen. Doch selbst wer hier mit keinem bisherigen Hintergrund punkten kann, sollte sich nicht entmutigen lassen. Denn ein Quereinstieg im Handwerk kann trotzdem gelingen.
Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen?
Grundsätzlich gibt es keine speziellen Voraussetzungen für Quereinsteiger:innen. Ein Hauptschulabschluss oder eine Mittlere Reife sind willkommen. Schaut man sich Stellenanzeigen an, die explizit Fachfremde ansprechen, so werden häufig als Voraussetzung lediglich “Interesse am jeweiligen Handwerk” sowie “handwerkliches Geschick” genannt. Die Hürden sind also niedrig. Denn Handwerksbetriebe sind bereit, Quereinsteiger:innen intensiv einzulernen und ihnen das nötige Fachwissen näherzubringen.
Welche Möglichkeiten gibt es als Quereinsteiger:in im Handwerk?
Wer sich unsicher ist, ob das Handwerk überhaupt das Richtige für ihn oder sie ist, sollte zunächst einmal ein Praktikum absolvieren, um erste Einblicke zu gewinnen. Auch ein Aushilfsjob kommt in Frage. Diese Erfahrungen machen sich nicht nur gut in Bewerbungen. Sie erhöhen zugleich die Chancen, nach dem Praktikum übernommen zu werden.
Alternativ lässt sich auch das entsprechende Fachwissen aneignen. Hier gibt es Seminare und Programme, die auf Quereinsteiger:innen zugeschnitten sind. Die grundlegenden Basics und Werkzeuge werden einem da bereits an die Hand gegeben. Informationen dazu gibt es bei der Agentur für Arbeit.
Wer arbeitssuchend ist, kann auch per Umschulung den Quereinstieg ins Handwerk meistern. Bei Arbeitslosigkeit oder drohender Arbeitslosigkeit wird die Umschulung mit einem Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert, so dass die Umschulungskosten übernommen werden. Auch eine nebenberufliche Umschulung im Handwerk ist denkbar, entweder über einen Betrieb oder über eine Fernschule. Wer jedoch nicht arbeitssuchend ist, hat schlechte Karten für einen Bildungsgutschein. Dann müssen die Kosten für die Umschulung selbst übernommen werden. Diese können monatlich beglichen werden. Wichtig ist es, einen renommierten Anbieter zu finden, der eine berufsbegleitende Umschulung als Fernunterricht anbietet.
Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es im Handwerk?
Wer per Umschulung oder Externenprüfung den Gesellenbrief im Handwerk macht, kann sich hinterer noch vielfältig weiterbilden. Besonders beliebt sind folgende Weiterbildungen:
- Meister:in
- Techniker:in
- Technische:r Fachwirt:in
- Fachleute für kaufmännische Betriebsführung HwO
Wie bewerbe ich mich als Quereinsteiger:in?
Wer als Quereinsteiger:in ohne Gesellenbrief im Handwerk loslegen möchte, fragt sich vermutlich: “Was soll ich da in die Bewerbung schreiben?” Wichtig ist es, authentisch zu sein. Offenheit und Ehrlichkeit zahlen sich aus. Denn auch, wenn vielleicht die nötigen Fachkenntnisse fehlen: Punkten kann man mit seiner Bewerbung trotzdem. So bringen Menschen, die den Quereinstieg wagen, in der Regel Berufserfahrung und Kompetenzen aus anderen Bereichen mit, die sich zum Teil sicher auch auf die potentiellen neuen Arbeitsbereiche übertragen lassen.
Darüber hinaus ist es wichtig, Leidenschaft für das neue Berufsbild zu signalisieren und zugleich seine Weiterbildungsbereitschaft. Schließlich müssen die grundlegenden Kenntnisse erst noch erlernt werden. Die Motivation, diesen neuen Beruf ergreifen zu wollen, muss deutlich hervorstechen.
Was Handwerksbetriebe bei Quereinsteiger:innen beachten müssen
Bei einem Quereinstieg im Handwerk verhält es sich etwas anderes als bei der Einstellung gelernter Fachkräfte. Hier stehen die Handwerksbetriebe in der Verantwortung, ihre Onboarding-Prozesse gründlich zu überarbeiten und an die neue Zielgruppe an Mitarbeiter:innen anzupassen. Denn klar ist: Quereinsteiger:innen brauchen eine intensive Einarbeitung, bei der sämtliche Kenntnisse vermittelt werden. Weiterbildungen sind bei einem Quereinstieg enorm wichtig. Diese können in Form von Seminaren oder auch als Training on the Job stattfinden. Das Qualifizierungschancengesetz unterstützt hier vor allem Kleinstunternehmen und KMU finanziell. Je nach Betriebsgröße und Voraussetzungen können bis zu 100 Prozent der Weiterbildungskosten und des Arbeitsentgelts während einer Weiterbildung übernommen werden. Anlaufstelle ist hier die zuständige Agentur für Arbeit.
Quereinstieg im Handwerk: Das bietet Chancen für alle Seiten. Menschen, die bereit sind, ihr gewohntes Terrain hinter sich zu lassen und noch einmal einen neuen beruflichen Weg einzuschlagen, profitieren vom Fachkräftemangel. Handwerksbetriebe sind dankbar, wenn sie überhaupt Mitarbeiter:innen finden, die Lust auf Handwerk haben. Und Kunden und Kundinnen freuen sich ebenso, wenn Handwerksbetriebe personell gut aufgestellt sind, so dass die Wartezeiten bei Aufträgen nicht ganz so lange sind. Lust auf was Neues? Ein Quereinstieg im Handwerk ist ein Versuch wert!
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