Die ersten Schritte im neuen (Ehren-)Amt
Die Wahl ist gelaufen: Die wahlberechtigten Arbeitnehmer haben ihre Stimmen abgegeben, der Wahlvorstand hat diese ausgezählt, das Ergebnis wurde im Unternehmen verkündet, die Zusammensetzung des neuen Betriebsrats steht fest. Auf diejenigen, die erstmals dieses Ehrenamt ausüben, kommt eine aufregende Zeit zu – mit vielen Unbekannten. Den Anfang der vierjährigen Amtszeit macht die konstituierende Sitzung. Die Einberufung erfolgt innerhalb einer Woche nach der Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand. Bei dieser ersten Betriebsratssitzung werden nicht nur der Betriebsratsvorsitzende und sein Stellvertreter gewählt, mit ihr wird das neu gewählte Gremium auch handlungsfähig.
Erfahrungsaustausch mit alten Betriebsräten
Den Neuen in der Runde fällt schnell auf, dass die erfahrenen Betriebsräte mit Fachwissen und Paragraphen aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) um sich werfen. Da mitzukommen, ist gar nicht so leicht. “Ein Betriebsrat muss die Interessen der Beschäftigten vertreten. Für Neulinge ist das erst einmal ein Feld voller Fragezeichen – die Gewerkschaften unterstützen hier gerne und bieten auch Schulungen an“, weiß Dr. Michael Bolte von der Abteilung Grundsatzangelegenheiten und Gesellschaftspolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Ein Austausch mit den alten Hasen im Betriebsrat auch außerhalb der Betriebsratssitzungen kann nicht schaden. Sie kennen die aktuelle Lage, wissen, was sie in der letzten Amtsperiode bereits in die Wege geleitet und vielleicht noch nicht abgeschlossen haben. “In großen Gremien gibt es anfangs oft sogar einen organisierten Erfahrungsaustausch”, sagt Bolte. Ansonsten gelte es, stets das Ohr an den Sorgen der Belegschaft zu haben und einen offenen Austausch sowohl mit den Kollegen als auch dem Arbeitgeber zu pflegen.
Grundsätze des Betriebsverfassungsrechts kennenlernen
Frisch gebackenen Betriebsräten rät der Experte anfangs zudem zu einer Betriebsratsweiterbildung: “Darauf haben Betriebsräte einen Anspruch. Für die Seminarkosten muss der Arbeitgeber aufkommen.” Für den Anfang empfiehlt sich ein Einsteigerseminar, in dem die Teilnehmer einen Überblick über ihre Aufgaben als Arbeitnehmervertreter erhalten, ihre Rechte sowie Möglichkeiten zur Durchsetzung der Arbeitnehmerinteressen kennenlernen und sich mit den Grundsätzen von Arbeitsrecht und Betriebsverfassungsrecht vertraut machen. “Sich mit den Gesetzen auszukennen, ist sicher vorteilhaft. Außerdem kommt es auch auf den gesunden Menschenverstand an”, spricht Dr. Michael Bolte vom DGB aus Erfahrung.
“Nur nicht den Spaß an der Betriebsratstätigkeit verlieren”
Für ihre Betriebsratsaufgaben müssen die Ehrenamtlichen von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt werden (§ 37 BetrVG). Regelmäßige Sprechstunden für die Arbeitnehmer, das Einberufen und Leiten der Betriebsversammlungen, Monatsgespräche mit dem Arbeitgeber sowie das Mitwirken bei den Betriebsratssitzungen zählen zu den Hauptaufgaben des Betriebsrates. Er hat darüber hinaus umfassende Informations-, Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte – etwa bei der Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern. Weil die Mitglieder die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber vertreten, genießen sie einen besonderen Kündigungsschutz: Eine ordentliche fristgemäße Kündigung ist in der Regel unzulässig.
Dass neu gewählte Betriebsräte am Anfang unsicher sind, ist Dr. Michael Bolte vom DGB nicht fremd. Nicht unterkriegen lassen und nicht den Spaß an der Betriebsratsarbeit verlieren, ist seine Devise: “In den Betriebsrat wird man gewählt, weil einem Kompetenzen zugesprochen werden. Darauf sollte man vertrauen.”