Digital Entrepreneurship: Wenn Unternehmer digital werden
Partnercontent – in Zusammenarbeit mit dem Hasso-Plattner-Institut
Die Corona-Krise hat den Gründergeist in den Dornröschenschlaf versetzt. Vor der Idee, ein eigenes Unternehmen aufzubauen, schrecken seither viele zurück: Zu groß ist das Risiko, zu wichtig die Sicherheit, die einem eine Festanstellung bietet. Dabei waren die Ausgangsvoraussetzungen für Gründer selten so gut wie heute: Nie zuvor wurde so viel Kapital für Gründungen von Investoren, überwiegend aus dem Ausland, zur Verfügung gestellt wie in den vergangenen Monaten. Für diese ist der deutsche Markt beliebt, weiß Professorin Dr. Katharina Hölzle, die die Forschungsgruppe IT-Entrepreneurship am Hasso-Plattner-Institut (HPI) der Fakultät für Digital Engineering der Universität Potsdam leitet. Der deutsche Perfektionsanspruch, die Gründlichkeit der Deutschen werde sehr geschätzt. Prof. Hölzle forscht im Bereich Digital Entrepreneurship und kennt die Herausforderungen, aber auch die Möglichkeiten, die digitales Unternehmertum bietet.
Doch was ist überhaupt Digitales Unternehmertum?
Digital Entrepreneurship: Dieser Begriff wirkt auf den ersten Blick etwas sperrig. Im Gespräch mit kursfinder.de bricht ihn Prof. Hölzle herunter. Da haben wir das Unternehmertum auf der einen Seite: Verantwortungsbewusstsein, Kreativität, Offenheit sowie die Fähigkeit, Probleme zu erkennen und dafür Lösungen zu entwickeln. Auf der anderen Seite das Wort digital: Das kann zweierlei bedeuten. Den Einsatz digitaler Technologien, um das unternehmerische Denken und Handeln umzusetzen. Es kann aber auch das Produkt oder die Dienstleistung beschreiben, das am Ende digital vorliegt.
Unterscheidet sich digitales Unternehmertum so stark von klassischem Unternehmertum? Prof. Hölzle sieht mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. “Was aber anders ist, und das ist ein fundamentaler Unterschied, ist, dass in der digitalen Welt die Geschwindigkeit sehr viel höher ist”, weist sie auf einen Punkt hin und nennt zugleich noch einen weiteren, der es vor allem deutschen Unternehmern schwer macht: “Im Digital Entrepreneurship haben es Gründer:innen mit Ökosystemen oder Plattformen zu tun, die sie nicht kontrollieren können. Es gibt viel mehr Einflussnehmer, viel mehr Faktoren, die man nicht selbst steuern kann, von denen das Unternehmen allerdings stark abhängig ist.”
Auf das richtige Mindset kommt es an
Bringen Digital Entrepreneurs also mehr Mut zum Risiko mit? Mehr Mut, ja, mehr Risikobereitschaft nicht unbedingt. “Es ist heute sehr viel einfacher und kostengünstiger geworden, ein Unternehmen zu gründen”, verrät Professorin Dr. Katharina Hölzle und gibt Einblicke in die Welt ihrer Studierenden, die etwa eine App entwickeln, eine Software anbieten oder einen Shop gründen: “Alles, was sie brauchen, ist ein Computer, eine ruhige Ecke und noch etwas Serverspace.” Was die Digitalen Unternehmer weit mehr auszeichnet, ist das Beherrschen der digitalen Spielregeln. Dazu zählt neben dem Mut, etwas auszuprobieren, die Gabe, Ideen schnell umzusetzen, sie permanent anzupassen und zu optimieren oder im Zweifel, wenn sie nicht funktionieren, auch wieder loszulassen. “Zu diesem zyklischen Prozess kommt jedoch noch bei den Gründer:innen in Deutschland ein gewisser Perfektionsanspruch – und da haben wir einen Wettbewerbsvorteil”, betont Prof. Hölzle, die überzeugt davon ist, dass jede:r dieses Mindset erwerben und diese Fähigkeiten erlernen kann: “Für mich sind Unternehmer:innen nicht geboren.”
Gründen ist überwiegend Männersache
Der Forschungsbereich Entrepreneurship ist noch sehr jung, Digital Entrepreneurship noch jünger. Die Bereiche umfassen viele Forschungsthemen: von Entrepreneurial Process (Prozesse) über Entrepreneurial Mindset (Menschen) bis hin zu Entrepreneurial Tools (Instrumente) und Entrepreneurial Ecosystems (Ökosysteme). “Da gucken wir natürlich nach Berlin, das ist die Hauptstadt der Start-Ups in Deutschland / Europa. Wir gucken nach Silicon Valley sowie nach Tel Aviv als klassische physische Ökosysteme. Aber wir gucken uns genauso die digitalen Ökosysteme an. Amazon ist eine Plattform, aber zugleich ein Ökosystem. Was bedeutet es für Gründer:innen, wenn sie sich dort bewegen wollen?”, erläutert Prof. Hölzle. Als aktuelle Forschungstrends tauchen die Themen Social Entrepreneurship, Sustainable Entrepreneurship und Female Entrepreneurship auf. Vor allem Letzteres liegt der Professorin am Herzen. Denn nach wie vor ist Gründen überwiegend Männersache, vor allem im digitalen Bereich. Das liegt allerdings nicht an fehlender Kompetenz, ganz im Gegenteil. “Frauen brauchen einfach mehr Anstoß von außen, die Bestätigung, dass das, was sie machen, gut ist”, erklärt Professorin Dr. Katharina Hölzle. Unter den Männern gäbe es sehr viele, die dieses Selbstbewusstsein mitbringen. Doch selbst diese sind in Krisenzeiten zurückhaltender, was Gründungen angeht.
Eine zentrale Ursache für den in Deutschland fehlenden Gründergeist sieht die Expertin im Schulsystem. “Dort wird seit mehreren Jahren Unternehmertum abtrainiert, weil wir so sehr auf Sicherheit gepolt und auf sehr lineare, strukturierte Lehrpläne ausgerichtet sind”, so ihre Beobachtung. Dies schlägt sich dann in einer risikoaversen und zurückhaltenden Einstellung und einem entsprechenden gesellschaftlichen Klima nieder. Ihre Aufgabe als Lehrende sieht sie deshalb darin, Studierende darin zu befähigen, Dinge und Probleme unserer Zeit wahrzunehmen, ihnen entsprechende Instrumente an die Hand zu geben und sie zu ermutigen, Lösungen zu schaffen frei nach dem Motto: “Jetzt mache ich etwas draus!” Und wer weiß: Vielleicht wird so der Gründergeist bald aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Schließlich waren die Ausgangsvoraussetzungen für Gründer nie zuvor so gut wie heute.